Die Goldenen Zitronen – So. 08.12.2024 – Berlin, Festsaal Kreuzberg

2024 Live

Die Goldenen ZitronenBerlin, Festsaal Kreuzberg (ca. 1000 Zuschauer)
Zusatzkonzert zur bereits 4 Tage vorher stattgefundenen ausverkauften 40 Jahre Gala der goldenen Zitronen, wie sie es an diesem Abend gerne selbst ausgegeben haben. Dazu haben sie eine Art Werkschau veröffentlicht. Und dieses Konzert spiegelt dann sozusagen den Inhalt des Albums wieder. Alte Lieder haben sie ja selten live gespielt.
Hinterher dachte ich, “hätten sie wegen mir auch nicht gemusst”, da sie irgendwie ja selber mit dem alten Material fremdeln, wie Ted Gaier auch irgendwann anzumerken wusste. Also nicht, dass sie nicht dazu stehen, aber der musikalische Zugang ist heute halt ein anderer und offensichtlich fällt es einem dann auch mal schwer, wieder so zu kniedeln, wie vor 30+ Jahren.
Aber nicht nur sie selber fremdeln mit dem alten Material. Auch ich. Und wenn man bedenkt, dass ich mich ja schon sehr früh erst mal gar nicht für den Wandel bei ihnen interessiert hatte, ist das durchaus bemerkenswert. Jedenfalls war ich einer derjenigen, die ca. 1987/8 in der Reutlinger Zelle im damals noch nicht so genannten Moshpit ein Feuerzeug in die Höhe streckte und mit allen anderen kandierte, dass ich für immer Punk bleiben möchte. Wie auch immer die Zitronen das gemeint haben, sind sie es jedenfalls geblieben und auch ich habe ungefähr vor 15 oder etwas mehr Jahren wieder zu ihnen zurückgefunden … zurückverstanden, sozusagen. Dabei war sicher nicht unausschlaggebend, dass ich nach dem Wiederentdeckungs-Event, das im Tübinger Sudhaus stattfand, Stunden nach dem Konzert am Hinterausgang Herrn Gaier am Diskutieren mit seinen Fans vorfand. Herrgott, die sind sich nicht zu schade, im Gegenteil, sie wünschen sich den Zugang zu den Fans, eine Möglichkeit des Austauschs und der Ansprache, die sie verloren hätten, wenn sie anno dazumal den angebotenten Majorvertrag unterschrieben hätten. Doch so gerne sie den Zugang zu ihrem Publikum suchen, so schwer mag denen der Zugang zu ihrer Musik fallen, immer wieder neu. Doch dieses immer wieder neue “Irritieren” (wie sie das selbst auch gerne nennen), darum geht’s, Leute.
Und das macht die Zitronen am Ende so wichtig. Mir fällt auf Anhieb eigentlich keine Band ein, die so nachhaltig daran interessiert war, mit sich selbst zu fremdeln. Reibung ist das Ziel und daran arbeiten sie eigentlich unverändert seit dem ersten Tag. Nichts konnte sie davon abhalten. Und daher halte ich sie jetzt einfach mal nicht nur für eine der 5 wichtigstens deutschsprachigen Bands, wie noch vor einigen Jahren irgendwo in diesem Forum ausgegeben, sondern für die Nr………. 2! Sorry, irgendwie kann ich nachwievor nichts und niemanden vor Ton Steine Scherben setzen.
Auch die heutige Gala war von Gegensätzen geprägt. Die Gänsehaut über “Scheinwerfer und Lautsprecher” als Opener fiel dann nach und nach etwas ab, spätestens, als es dann mit dem Schmonzettenhaften der 90er Jahre losging. Klar, war und ist das alles Ironie, spricht mich aber bis heute nicht an. “Porsche Genscher” und “Für immer Punk” wurden mit der Harfe vorgetragen. Das ist natürlich mal ne nette, typisch goldie-mässige Idee, und damit konnten sie sich ja auch sehr raffiniert um das Ungewollteste schummeln, aber das war leider die einzige Idee, die die Gala am Ende wirklich bereichern konnte.
Neben der Person, die die Harfe spielte, hatten wir noch allerhand weitere Gäste, die insbesondere gesanglich beitrugen. All das zerstückelte den musikalischen Vortrag aber leider etwas. Nette Idee, is ja auch ne Gala blabla, aber besser wurde es dadurch jedenfalls nicht.
Dennoch: Zitronen rules. Und bei keiner Band habe ich so sehr das Vertrauen, dass man niemals enttäuscht werden wird. Vielleicht “irritiert” aber niemals enttäuscht.
Sie sind die Besten und die Wichtigsten und sollten ins Schulprogramm aufgenommen werden.

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