Fleetwood Mac – Then Play On (Reprise, 1.10.69) – LP
OK, mal wieder ein Klassiker. Fleetwood Mac kennen viele nur als lahmarschige Popband, die vorallem in den 70er- und 80ern von sich Reden machte. Das ist glücklicherweise nur die halbe Wahrheit, denn die Band wurde in ihrer frühesten Phase zu den “neuen Kreuzrittern der englischen Blues-Bewegung” gekürt und die drei Gründungsmitglieder Peter Green (Gitarre), Mick Fleetwood und John McVie (Drums und Bass und heute noch bei Mac) spielten davor bereits bei John Mayalls Bluesbreakers, dessen Schule des puristischen Bluesrocks in den 60ern gar nicht hoch genug einzuschätzen ist und die von vielen Musikern durchlaufen wurde, die später etablierte Rockgrössen wurden.
“Then Play On” war, anders als es der Titel vermuten lassen sollte, die letzte Fleetwood Mac-Platte mit Peter Green, kennzeichnete dafür aber den bis dato mutigsten Schritt weg vom engen Korsett des Blues.
Mit Jeremy Spencer und dem neu hinzugekommenen 19jährigen Danny Kirwan, startete die Band das Wagnis, drei Sologitarristen zu vereinen, jeder eine eigene kreative Grösse, alles aber natürlich unter der Führung des unumstrittenen Masterminds Peter Green, selbst erst Anfang 20.
Das Ergebnis ist für mich, mit seinen Widersprüchen aus Vielseitigkeit und Purismus, Verspieltheit und Schlichtheit, Wildheit und Traurigkeit eines der ergreifendsten Alben der Rockgeschichte. Die drei Gitarren kratzen, wimmern, schreien und jagen sich gegenseitig über eine Skala von beinhart kreischend bis gefühlvoll gezupft. Die Kompositionen wandern von aufgewühlt schwül über sentimentale Schmonzetten bis hinunter zu einer geradezu klassischen Elegie mit Akkustikgitarre und Flöte im zweiten Teil von “Oh Well”.
Jeder Song ist anders, doch durch die gleichbleibend spartanische Produktion entsteht eine völlige Übereinkunft. Jeglicher Pomp entsteht höchstens durch die Komposition oder die Fähigkeit des einzelnen Musikers, seinem Instrument eine Seele zu verleihen. Klanglich halte ich “Then Play On” für essentiell (wie Jesus, Gott und Satan beim heimlichen Schulterschluss) und ich würde mir eher ein Ohr ausreissen als einer neu gemasterten CD den Vorzug zu geben, doch alleine der Sound von Greens Stimme bringt mir den endgültigen Knockout. Nummern wie “Rattlesnake Shake” oder der Gesangspart von “Oh Well” erheben Peter Green zu meinem gesanglichen Idol.
Mit dem “Show-Biz Blues” leitete er dann, sehr mayell-like nur von Spencers Slidegitarre und einem Tambourin begleitet, wohl schon den Abgesang seiner Karriere ein. Das Leben eines Stars bekam ihm nicht besonders und nachdem er einen LSP-Trip zuviel hinter sich gebracht hatte, begann er zu spinnen, wurde extrem religiös, wollte alles Geld der Band, das er glaubte, nicht wirklich verdient zu haben, wohltätigen Zwecken spenden und als die anderen Jungs der Band ihre Groschen lieber behalten als einem Acidhead zur Verschleuderung anvertrauen wollten, verliess er die Band, brachte in unregelmässigen Abständen einige wenige orientierungslose Solo-LPs heraus und spielte, da er seitdem permanent auf Medikamente gesetzt ist, nur noch selten Gitarre.
Frühe Fleetwood Mac Platten sind nicht immer einfach, vorallem nicht in gutem Zustand und dann schon gar nicht billig, zu bekommen. Wer nicht ganz so verbohrt ist wie ich, kann aber zu vernünftigen Preisen an Remaster-CDs kommen. Es gibt ausserdem unzählige Best Ofs und Live-CDs aus jener Zeit.