Melody’s Echo Chamber – Bon Voyage (Fat Possum Records, 2018) – LP
Diese Platte wird mein Haus auf dem schnellsten Weg wieder verlassen. Denen ist ja wohl gar nichts heilig. Ist Melody Prochets Ex Kevin Parker mit seinen Tame Impala schon reichlich schamlos im Abgreifen von Einflüssen, die sich jenseits des guten Geschmacks bewegen, tritt dies bei Melody auf geradezu unaussprechliche Art und Weise sogar in den Vordergrund. Bereits der erste Song lässt mich empört aufspringen, um alle Türen zu schliessen, damit die Nachbarn nicht etwa hören, was ich da abspiele. Ein wildes Durcheinander an sich wiederholenden Drum-Schleifen aus dem Laptop, die vor Disco-Anleihen, AutoTune-Vocals sowie Rap-Beatboxen nicht Halt machen. Das darf es alles geben auf dieser Welt, aber nicht in meiner Wohnung und schon gar nicht von meinem Plattenspieler. Das hier ist unter Psychedelic Rock gelistet, bitteschön. Und da gibt es einfach gewisse Grenzen, die hiermit bei weitem überschritten sind. Verarbeitet werden dabei Einflüsse von Gainsbourg/Birkin und zeitgenössischem Indie-Psychedelic, ganz deutlich natürlich Tame Impala und Dungen. Eine eigene Handschrift fehlt komplett.
Zudem ist das Songwriting unausgegoren, auf eine ungelenke Art und Weise verspielt, wie Puzzleteile, die sich nicht sauber ineinander fügen. Der Kleinesmädchengesang ist immer gleich emotionslos, die Melodien wandeln uninspiriert herum. Der Mix ist schlapp und bricht sich dauernd selbst ab. Das ist nicht nachvollziehbar und macht es schwer, den Songs zu folgen und einen roten Faden zu entdecken. Insgesamt geht das alles nach nirgendwo. Ich meine, das kann ja ein Stilmittel sein. Ein Jim Jarmusch Plot kann auch mal ins Nichts gehen, aber man ist immer irgendwie gefangen und berührt und hat das Gefühl, etwas Kunstvolles erlebt zu haben. Genau das hat man bei Melody Prochet nicht.
Hauptgrund meines Kaufs der zweiten Platte der französischen Songwriterin, Musikerin und Sängerin ist das maßgebliche Mitwirken von Reine Fiske, mein geliebter Gitarrist der schwedischen Dungen (sogar im Songwriting), sowie eher vereinzelt Dungens Mastermind Gustav Ejstes und Schlagzeuger Johan Holmegard. Dass das Ergebnis unausgewogen und wirklich verstörend schlecht ist, belastet mich sehr. Das hätte sie auch alleine so verhunzen können, mit ihren Laptop-Soundscapes (wenn ich mich mal echauffiere, dann fällt oft mein Lieblingsunwort “Soundscapes”). Da hätte man nicht die Namen von anständigen Mitbürgern in den Dreck ziehen müssen. Andererseits wirft es auch ein fahles Licht auf die “Superstars des Psychedelic”, wie sie letztens im Shindig betitelt wurden. Diese Superstars arbeiten in so vielen faszinierenden Projekten, so dass man der jungen Dame auch einen Korb hätten geben können. Ist es der verzweifelte Versuch an allen Fronten weiter ins Rampenlicht rücken zu wollen, in der Hoffnung, dass etwas von dem Ruhm von Tame Impala über Umwege auch hier auf sie fällt oder hat die Madame sie einfach teuer bezahlt, sie sozusagen zu Söldnern des Psychedelic gemacht, was wirklich ein ekelhafter Gedanke ist. Ist bin zutiefst empört und verabscheue dieses Projekt.
Fehlkauf. Ab in die “Zu Verkaufen”-Box. Da rettet auch das schöne Cover nichts mehr.