The Drones, HTRK – Di., 03.11.2009 – London, Cargo

2009 Live

The Drones, HTRKLondon, Cargo (ca. 500 Zuschauer)
HTRK sprich Haterock ist ein australisches Trio, das in London wohnt und eine Art düsteren New Wave spielt. Drums kommen vom Computer und klingen sehr nach 80er Disco, also erstmal ziemlich unangenehm. Darüber schwebt eine von Effekten gesteuerte Gitarre, ein wenig wie die sphärischeren Sachen von Robert Smith nur noch 100mal extremer. Das ist ein einziges symphonisches Geäthere, da kann auch noch ne Menge Keyboard vom Band oder sonstwas drin sein. Keine Ahnung.
Insgesamt klingt es aber dennoch sehr einnehmend, sehr düster, sehr 80er-wavig und durch die Sängerin, die völlig unnahbar, völlig bewegungslos dasteht, bekommt das eine beklemmende unwirkliche Atmosphäre. Dazu kommt, dass sie den Rhythmus oft mit Schlägen auf eine Stand-Tom begleitet, die sie neben sich stehen hat. Dazu holt sie voll aus und haut das Ding jedesmal fast zusammen. Wir sassen noch kurz beim Essen im Nebenraum, als die Band anfing und alles was Du hörtest, waren diese atavistischen Schläge. Das war echt klasse.
Insgesamt hat die Band eigentlich kaum Harmonien. Das schwebt alles so vor sich hin und auch der Gesang folgt keiner gefälligen Melodie. Hat was Avangardistisches. Der Gitarrist ist Asiate und trägt Norwegerpullis. Das sah schon abgefahren aus. Dazu machte er ständig ein finster-trauriges Gesicht. Fast wie eine Comicfigur. Blöd war, dass er sich nach jedem Song leistete, minutenlang an seinem Effektgeräte-Raumschiff rumzuschrauben, den Drumcomputer oder das Band zu starten und zu stoppen oder was auch immer. Gut daran war, dass die Sängerin diese ganze lange Zeit immer bewegungslos und sprachlos dastand. Naja, manchmal drehte sie sich zu ihrem Wasser um. Hätte mir besser gefallen, wenn sie auch das nicht getan hätte.
Was unterm Strich vielleicht noch interessant ist, sie ist die Freundin oder Frau vom Devastations-Sänger, der natürlich auch im Publikum rumhing, auch schon beim Drones-Gig am Abend zuvor in Brighton.
Während bei HTRK noch genügend Platz zum Rumlaufen im Saal war, war das dann bei den Drones gegessen. Ich holte mir noch kurz ein Bier und fand mich dann schon in der fünften oder so Reihe wieder. Die Leute waren echt begierig, die Drones zu sehen, das merkte man sehr deutlich. Beim letztenmal als wir sie in London sahen, war das noch ganz anders. Ich fühle mich ja nicht so wohl, wenn mir die Leute auf den Schuhen stehen, doch als die Band anfing ging das erstmal wieder weg. Sie waren wieder gut, fingen gleich mal mit einem anderen Song an als am Tag zuvor und ich konnte mich einfühlen. Doch dann kamen drei kleine Weiber, die aussahen wie 23-jährige Bizerba-Sekretärinnen, kurz bevor sie Kinder kriegen und sich dann ins Eigenheim zurückziehen, und schubsten sich wie beschissene Pseudo-Groupies mit einer rücksichtslosen Ich-bin-ein-Mädchen-ich-darf-das-Haltung durch die Meute, um sich direkt vor der Bühne einen neuen Platz zu schaffen, in dem alle anderen auf die Seite zu gehen hatten. Dann fingen sie an dämliche Kopfbewegungen zu machen, die mir echt eine kurze Hasswelle über den Rücken jagten, so dass ich eine ganze Weile brauchte, bis ich mich beruhigt und wieder auf das Konzert eingelassen hatte. Zumindest gelang es mir, den Weg so entschlossen zu blockieren, dass weitere Freundinnen, die offensichtlich hinter mir festhingen, nicht auch noch nach vorne kamen. Die vorne versuchten zu winken, doch ich und meine Nebenleute liessen kein Durchkommen mehr zu. Wir waren die Wall of London!!
Das schickte mir aber den ersten schrägen Gedanken ins Hirn. Könnte es etwa sein, dass die Drones doch noch den grossen Durchbruch schaffen werden, wenn schon derart verblödete Ziegen auf ihren Sound stehen.
Ich hielt noch drei vier Songs durch, dann gab ich die Stellung auf, um wieder Frieden bei einem neuen Bier und einer Position im Raum zu finden, um die weniger gekämpft werden musste. Die zweite Ebene allerdings war nun völlig leer. Der ganze Laden war völlig leer, bis auf den Auftrittssaal und da waren alle. Das erschwerte ein erneutes Niederlassen. Ich fand aber doch ein ganz gutes Plätzchen, von dem aus man erhaschen konnte, wie gefesselt die Londoner von den Drones waren. Ich hatte einfach das Gefühl, dass die hier nun endgültig angekommen sind. Und was in London ankommt, das kommt in ein zwei Jahren auf der ganzen Welt an und zwar umfassend.
Ich meine, die Drones sind ja auch kein Scheiss. Was Liddiard ablässt hat Qualität, die Band funktioniert als Ganzes, das Gitarrenspiel des Masterminds sucht seinesgleichen. Das sind Akzente, die den vielen farblosen Bands, die derzeit die meisten Platten verkaufen total fehlt. Da braucht das Volk wieder Orientierung und warum soll es sich nicht auch mal an was Gutes orientieren. Mein Gott, wir haben in den 90ern erlebt, wie Indie gross wurde, wie Nirvana plötzlichen Millionen von Alben verkaufte. Das war ein Schock. Unter dem Gesichtspunkt der Qualität und Gefälligkeit (ja, Nirvana hatte halt Melodie, war eingängig und sie hatten ein Image, so einfach ist das) aber eigentlich nicht weiter verwunderlich.
Und warum, zur Hölle, soll nicht auch eine unbequemere Band, die weniger Melodien hat, dafür aber schon seit Jahren, zumindest in Australien einen Preis nach dem anderen sammelt (beste Band des Jahres, heuer sogar “Shark Fin”, der als der beste australische Song aller Zeiten nominiert ist … ja, das is so). In Australien spielen die Drones in grösseren Hallen und ich prophezeie anhand dieser Erlebnisse an diesem Abend in London, dass die Drones in 5 Jahren in der Schleyerhalle oder ähnlichem spielen. Einziges mögliches Hindernis könnte sein, dass sie sich vorher auflösen.
Für diese Theorie spricht auch, dass sie mittlerweile doch auch mindestens zwei richtige Hits am Start haben, die einen tagelang verfolgen können. Ausserdem spricht dafür, dass die Band nun schon seit 10 Jahren oder länger besteht und immer noch funktioniert und sich übelst den Arsch abtourt. Fast noch mehr als die Black Lips und im Gegensatz zu denen, brennen sie noch wie Feuer. Sind inspirierend, mitreissend und von nachwievor gleichbleibend hoher Qualität und Intensität. So wird es geschehen. Auch wenn der zweite Gitarrist nach diesem Gig wegen Lungenentzündung aufgeben und die Band die ganze weitere Tour absagen musste.

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