Garageville #7, Fr. 13.04.2018 mit The Royal Flares, The Launderettes, The Baron Four (Foto), The Frantic Five – Hamburg, Molotow (ca. 250 Zuschauer, ausverkauft)
Erstmal eine sehr positive Änderung im Molotow: Mehrere Bars. Das leidige Drängeln am einzigen Getränkeausschank hat ein Ende! Den Backyard mit Beschallung fand ich mit fortlaufender Dauer des Abends dann aber sehr unangenehm, da es keinen einzigen Platz im Haus gab, wo man etwas Ruhe hatte und sich unterhalten konnte, ohne zu schreien.
Dafür ging es mit den Royal Flares aus München aber sehr amtlich los. Im Bassy hatten sie mir zuletzt nicht so gefallen. Heute fand ich sie klasse, insbesondere die Gitarrensounds. Sie sind recht melodiös, manchmal fast byrds-like und eigentlich auch kein Punk. Das alles allerdings ist ein hervorragendes Alleinstellungsmerkmal. Die Kompositionen sind gut, der Gesang exzellent, für meine Begriffe höchstens etwas zu lange Solis. Aber ich sagte ja bereits: Kein Punk!
The Launderettes, eine Fast-All-Girl-Band aus Oslo, mit stompy-surfy Sound, was mir an sich nicht so gefällt und so taten sich auch die Launderettes schwer, mir zu gefallen. Insgesamt wirkten sie aber auch etwas müde, Insbesondere die Sängerin. Sie tat mir ein wenig leid, hatte wohl irgendwie mit ihren Energien zu kämpfen, was natürlich sehr schade ist an einem solchen Abend, wenn man von so weit hergereist ist.
Dieses Problem hatten The Baron Four aus England nicht, denn die platzten geradewegs aus den Nähten vor Ehrgeiz und gefielen mir wie so oft tausendmal besser als vorher im Bassy. Der Schlagzeuger ist wirklich unfassbar gut und ich bin der grösste Fan des blonden Gitarristen. Wie der sich so in seine Rolle reinstoffelt und von nichts aus der Ruhe bringen lässt, nur er und seine Musik, das ist einfach grandios. Die besondere Stärke der Baron Four sind die Arrangements. Sie sind die Meister der Spannungsverlagerung und schaffen es, in jeden Song eine Passage einzubauen, die geradezu explodiert. An diesem Abend haben sie ein paar Covers gespielt, die sie so gut arrangiert hatten, dass sie die Highlights der Show waren. Dadurch verblassten die eigenen Sachen ein wenig, was ich keine gute Idee finde. Aber ihre neue Platte brauche ich unbedingt, denn sie scheint sehr gut zu klingen. Sehr gut = wüst, wild, ungehobelt!
The Frantic Five aus Griechenland am Ende des Abends waren prinzipiell ganz ok. Nicht spektakulär aber solide 60s Kost. Leider war es nach dem furiosen Auftritt der Baron Four schwierig, hier noch mal die totale Begeisterung zu entfachen. Der Abend war durch die Tür.
Garageville #7, Sa. 14.04.2018 mit Baby Jesus, The Embrooks (Foto), Wild Evel & The Trashbones and The Woggles – Hamburg, Hafenklang (ca. 300 Zuschauer, ausverkauft)
Wie im letzten Jahr als erstes eine Hippie-Band, Baby Jesus aus Schweden. Waren aber richtig geil, sehr hypnotischer, dichter und wütender Sound, eigentlich wie extrem verwüstete Miracle Workers.
Die Embrooks aus England danach mit dem Schlagzeuger-Tausendsassa der Baron Four an Gesang und Bass sind rockiger als ich dachte und für meinen Geschmack deutlich zu viel Gekniedel an der Gitarre. Dennoch ganz gute Kompositionen und ne richtig überdosierte Show. Das war dann zunächst auch etwas problematisch, denn sie hatten mit ihrer Übermotivation zu kämpfen. Die Drummerin brauchte ein paar Songs, um sich richtig einzugrooven und der hippelige Gitarrist pluggte sich ein paarmal aus bzw. vertrat sich bei seinen vielen Schaltern auf dem Boden. Aber als sie sich nach 4, 5 Songs dann eingekriegt hatten, wurde das eine furiose Show, nicht ganz meins, aber schon richtig top Entertainment, allerdings ohne Spoiler und dicke Hosen, ganz sympathisch eigentlich.
Wild Evel ist der mexikanische Frontmann der österreichischen Trashbones, eine recht bunte Truppe aus Kaffeeröstern und Abiturienten, die es aber ziemlich drauf haben und sehr sehr engagiert sind. Da der Wild Evel schon am Vorabend mit einer Performance glänzen konnte, die im Rauswurf aus dem Molotow gipfelete, waren wir natürlich bester Erwartungen. Mit seinem Graveyard-Kostüm, dem Zylinder und den schwarzen langen Haaren hinter einer riesigen Sonnenbrille ist er schon ganz schön überzogen und auch seine Sprüche und Texte greifen tief in die Klischeekiste. Dennoch sind sie gut genug und er ist auch abwechslungsreich genug, um den Unterhaltungsfaktor oben zu halten. Zudem wusste er sich durchaus bei den richtigen Leuten zu bedanken und tat dies in absolut angemessener Art und Weise. Auch am Ende, als Tripsi auf die Bühne musste, sprang er helfend dazu und nutzte sein Showtalent, um die Leute auf die Fortsetzung der Party im Obergeschoss aufmerksam zu machen. Da ist schon alles, wo’s hingehört, bei dem. Sauber!
Dann die Woggles und ich war ziemlich aufgeregt, ob sie’s noch bringen, denn ich meine, dass es schon mehr als 10 Jahre her ist, dass ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Aber nach diesem Abend denke ich, ein paar Jahre geht es noch. Eigentlich sind die fast völlig unverändert, voller Esprit und Sympathie, lustiger Ideen, Schwung, tollen Kompositionen und ausgezeichnetem musikalischen Könnens. Anders als viele Bands im Garagenland leben sie von ihrer expliziten Eigenwilligkeit in Klang und Komposition. Dazu haben sie diese umwerfend tanzbare Rhythmik, die sich durch ihr komplettes Schaffen zieht.
Und so wurde das ein extrem runder Abend, vielleicht der beste komplette Tag auf einem der letzten 3-4 Garagevilles.