Mirror Glaze – At The Sugar Factory (07.08.2020, La Pochette Surprise) – Cassette
Mirror Glaze ist die neue Band des einst mit den Mokicks zu Heldenstatus gelangten Angry Fucking Lutz, dessen Alter Ego Ray hiermit kaltblütig entlarvt sei. Nach seinem Umzug nach Hamburg und einer Neufindungsphase als Love Propagators, kehrt er nun an als Mastermind, Sänger und Gitarrist auf die Bühne zurück.
Der Schalk steckt natürlich noch in ihm drin, doch wird er über Mirror Glaze in ein Gewand aus Roky-Erickson-inspiriert klingenden Riffs gezerrt, mit schneidend-scheppernden Vocals, zu denen auch Bassistin Aurore beiträgt und die durch viel schönes Affengebrüll unterstützt werden, was auch gut mit den leichten Surf-Anleihen und dem Hauch Exotika harmoniert, mit dem Mirror Glaze kokettieren. Die Art und Weise und auch das Image der Band sind aber nicht gänzlich unmodern und so machen sich Mirror Glaze auch ganz schick in dem Roster von La Pochette Surprise, das Label des Sick Hyenas Gitarristen Velvet Bein, der auch bei der Polka-Punk-Klamotte Swutscher mitmischt.
Die ersten Songs bestechen eher durch gute Riffs und Melodien, die letzten durch längere wüste Gitarrenoverlays und einem herrlich verschobenen Gitarrenlick in “Cotton Candy Licks”. Meine Lieblingsnummer ist dennoch, vielleicht überraschend, das ruhigste Stück “Upside Out”.
Ich würde mir noch etwas mehr Esprit und Spritzigkeit, vorallem über die mittlere Distanz wünschen. Sollte es gelingen, das Drama, das die Band schon in den expressionistischen Vocals hat, noch in die Komposition oder wegen mir auch nur deren Interpretation zu übernehmen, dürfen wir hier auf ein neues und ganz gefährliches Objekt am Horizont hoffen, das uns viel Spaß bereiten könnte. Spaß der unangenehmeren Art versteht sich … wenn du weisst, was ich sagen möchte, du halbes Hemd!