Berivan, Susa – Max Paul Maria – Fr. 20.05.2022 – Leipzig, Horns Erben

2022 Live

Susa Berivan, Max Paul MariaLeipzig, Horns Erben – 50 Zuschauer
Eigentlich sollte Guy Dale alias Mute Swimmer spielen. Und da Guy uns zuletzt in Berlin total weggeblasen hat, hatten wir uns total gefreut, leider musste er dann aber im letzten Moment krankheitsbedingt absagen.
Dafür kam Max Paul Maria, ein gut aussehender junger Pop-Rock-Musiker, der sehr souverän und locker auftritt und sich dabei nur von seiner Strat und einem Tonband begleiten lässt, auf dem alle anderen Instrumente eingespielt sind. Ein modernes Tonband natürlich, als Bodentreter zum Starten und Stoppen der Songs. Das heisst natürlich, dass er sich jetzt nicht unbedingt vertun sollte, da die digitalisierte Band sich nicht auf ihn einstellen wird.
Das hatte er aber beachtenswert gut im Griff, sang und spielte absolut exzellent. Trotz seiner Rockstar-Wirkung weiss er wo er steht und balanciert sich damit leichtfüßig durch seine Mischung aus Singer-Songwriter und Rockband. Er bewegt sich nah aber nie zu weit in den Mainstream, um uns bei der Stange zu halten und hat am Ende sogar noch zwei drei Songs mit richtig schrägen Motiven zu bieten, so dass man wirklich nicht meckern kann. Den würde ich mir noch mal ansehen, gerne auch mal mit Band. Später habe ich übrigens noch erfahren, dass er mal bei Vizediktator gespielt hat. Ahaaaa, das erklärt ne Menge und zeigt, wie wichtig es immer wieder ist, mehr über die Musiker zu wissen, ganz besonders ihre Wurzeln und der darauffolgende Werdegang.
Susa Berivan spaltet dann die Meinungen. Sie reiht sich klassisch beim Folk ein, mit Akkustik-Gitarre und Gesang und hat auch noch eine Standtom, die sie aber äußerst selten einsetzt. Aus meiner Sicht beginnt sie ihr Set sehr clever, nämlich mit einem wirklich einfachen Gitarren-Riff, so dass ich erstmal glaubte, dass sie technisch nicht wirklich viel drauf hat. Hätte mich nicht gestört, aber tatsächlich wusste sie meine ersten Gedanken Lügen zu strafen, denn im Laufe des Sets entwickelt sie sehr ungewöhnliche Riff-Folgen, die man keinstenfalls mehr als “einfach zu spielen” abtun kann und weiss daher absolut zu gefallen.
Gesang und Melodien sind wohltuend in den 60ern und 70ern angesiedelt, so dass sie fast schon als Psychedelic-Avandgarde-Folk durchgehen könnte, sich aber keinesfalls auch diesem Klischee unterwirft, sondern mit jedem neuen Song eine Überraschung drauf haben kann. Betonung dabei auf “kann”, denn am Ende wird es für unsereins doch eine langwierige Angelegenheit, da sie ein außerordentlich langes Set spielt und man auch mal 3, 4 längere Songs durchhalten muss, bis wieder was Interessantes passiert.
Es ist zwar prinzipiell sehr angenehm im Saal bei Horns Erben, doch die Atmosphäre ist still, man sitzt auf Holzstühlen oder fläzt in Sofas, was eine unbequeme Starre und Beklommenheit, mehr als Andacht oder Gefesseltheit zur Folge hat – zumindest für uns – und man sich freut, zwischen den Songs kurz mal runterzugehen und neue Biere zu schöpfen, um die Angespanntheit aus den Gliedern zu bekommen.
Susa tut übrigens ihr eigenes dazu, und da sind wir dann wirklich bei dem Punkt, wo sich die Gemüter spalten, die aufgebaute Spannung zwischen den Songs immer wieder selbst zurück auf 0 zu drehen, da sie längere Ansagen macht und dabei locker und lässig plaudert, zwischen Belanglosigkeiten und fragwürdiger Arroganz, womöglich, um dem Publikum näher zu kommen, was zwar hierfür geholfen hat, der Dramatik ihres Sets allerdings nicht. Aus meiner Sicht hätte sie besser gar nichts gesagt und die völlig durchgeknallte, entrückte Künstlerin gegeben. Ich glaube, wenigstens ich wäre extrem viel faszinierter gewesen. Manchmal ist es besser, Dinge nicht zu wissen. Die eigene Phantasie darüber, wer und was für ein Wesen diese Susa Berivan nur sein könnte, hätte einen Mythos geschaffen, der diesen Auftritt perfektioniert hätte.
So fanden wir uns irgendwann vor der Tür beim Rauchen und beschlossen nicht mehr das Ende der Show abwarten zu wollen, das ich eigentlich sehr gerne gesehen hätte. Nach etwa einer Stunde hatte ich das Set aber schon mehrmals auf dem Höhepunkt gesehen und das passende Ende herbei gesehnt. Am Ende war es uns dann eben auch zu lang. Manchmal ist weniger mehr. Den Rest des Publikums scheint es nicht gestört zu haben. Da merkt man dann, dass uns die Folk-Sänger doch nur am Rande interessieren.
Trotzdem würde ich sie mir jederzeit wieder ansehen, da sie definitv zu den ungewöhnlicheren Folk-Acts in Deutschland gehört. Da werde ich dann aber alleine hingehen müssen.

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