Camera, Mugstar – Berlin, Urban Spree (ca. 120 Zuschauer) – Foto Andreas Budtke
Es heisst, ihm wurde Unrecht getan, und ich glaube das auch, denn jeder von uns weiss, wie anders sich Dinge darstellen, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen werden. Nichtsdestotrotz eignet er sich dank seiner Eigenschaft als wahnsinniges Genie hervorragend als Opfer derartiger journalistischer Attacken. Die Rede ist von Anton Newcombe, Mastermind der Band the Brian Jonestown Massacre und der Doku DIG!, ein höchst unterhaltsames Stück Film und ich habe schon in meinem Artikel über die Dandy Warhols letztes Jahr darüber geschrieben..
Aber wir sind ja aufgeklärte Menschen und urteilen nicht (hehe), dennoch sind wir auch Fans und lieben die Unterhaltung.
Anton lebt heute in Berlin und er war Gastmusiker bei Camera.
Es ist ja nicht unbekannt, dass die letzte (vielleicht war es auch die vorvorletzte, ich sitze ja schliesslich auch irgendwo unterm Stein) Generation alternativ geprägter Musiker auf Krautrock und unter anderem eben auch auf die Band NEU! stehen. So ist es ja nicht schwer, sich zusammenzureimen, woher das Interesse kommt, da auch mal mitmischen zu wollen.
Egal. Camera als eine Band zu bezeichnen, die das Erbe von Neu! fortführt, ist einfach, aber ich liebe Einfachheit. Verflucht, wer denkt, sie machen es sich selbst einfach, denn was diese Jungs abliefern hat schon ausnehmend hohes Niveau.
Die Hauptrolle, das Fleisch und Blut von Camera betreibt das Keyboard. Hier wird der Handlungsrahmen vorgegeben, die Stimmung gelenkt, der Ton bestimmt. Der Star ist das Schlagzeug. Der Mann ist sensationell und trägt zudem einen Grossteil dazu bei, dass trotz aller Längen niemals Langeweile aufkommt, selbst die Pausen füllt er mit gezieltem Nichts. Die Gitarristen sind wichtig, sind in den aktuellen Camera aber eher vorallem anreichernd, nicht Grundlage.
Dazu hatten sie einen Damo mitgebracht, der, ich weiss nicht wie, in diesem dunklen Licht von seinen DinA4-Blättern abproklamierte, allerdings nur sehr akzentuiert eingesetzt, also bei zwei Songs, wenn ich nichts verschlafen habe.
Am Ende ging die Veranstaltung dann für einen Dienstag doch ziemlich lang. Das bunte Publikum wurde unruhig oder verzog sich. Nur die Hälfte hielt es bis zum Ende aus.
Daran hatte auch die langweilige Vorband Mugstar aus Liverpool ihren Anteil. Drone-Rock ohne vergleichbare Qualität, viel zu lange gespielt, viel zu lange umgebaut. Es wirkte als wären sie längst auf längerer Tour und wollten sich für diesen Abend nicht in ein kürzeres, aber dem Publikum zugänglicheres Vorbandprogramm ergeben.
Und auch die Musik zwischen den Songs war sehr unruhig und anstrengend. Das war alles gut gemeint, trug aber nicht dazu bei, das aufdringliche Chaos in dem ungemütlichen Konzertraum im Urban Spree zu verringern.
Für Camera hat sich das Kommen aber gelohnt. Ich war durchaus begeistert.