Mary Shelley, Cardboard – Mi. 22.10.2025 – Berlin, Schokoladen

2025 Live

Mary Shelley, Cardboard – Mi. 22.10.2025 – Berlin, Schokoladen (100 Zuschauer)
OK, das ist es, wofür es sich lohnt, immer wieder rauszugehen und Abend für Abend Bands zu sehen, ob man sie kennt oder nicht. Das sind die Momente wo alles gut wird und weswegen man niemals aufgeben wird, an das Gute zu glauben.
Mary Shelley sind eine Truppe junger Musiker aus New York, die von sich sagen tanzbaren Post-Punk zu machen. Kann man fast so stehen lassen. Es ist einfach eine Handvoll Leute, die ihren Scheiß richtig gut im Griff haben. Das Riffing macht eher der Bass, die Gitarren akzentuieren eher, kein Kettensägen-Gedröhne. Das Drum ist peitschend aber sehr diszipliniert und genau. Und da jede und jeder der Musiker brutal gut singen kann und selbst die Frontperson sein könnte, kommt jedes mal dran und schon haben wir ein unglaublich tightes, abwechslungsreiches Drama am Start, das die Leute an diesem Mittwochabend total ausflippen liess.
Dabei sind die Kompositionen, von der Rhythmik und den gut akzentuierten Gitarren-Licks abgesehen, eher sperrig. Es gibt kaum wirkliche Gesangsmelodien, das traditionelle Strophe-Refrain-Setting fehlt fast vollkommen und die Songs sind meist vier bis fünf Minuten lang, haben viele Breaks und nicht allzu leicht nachvollziehbare Strukturen.
Die Qualität aber ist hoch und das toppen sie mit dem leicht psycho-angehauchten Auftreten. Obwohl sie, von der Gitarristin abgesehen, eher langweilig aussehen, werden sie auf der Bühne – trotz der eher albernen Nachtkleider – zu echt coolen Maniacs, die es nicht nötig haben, irgendwelches motivationsgetriebenes Hampeln anzufangen. Und der Ausflug ins Publikum war derart überfallartig, dass ich so schnell gar nicht kucken konnte, bis er auf dem Tisch des Mischpults stand und wir alle sehen konnten, was er unter dem Nachtgewand trug.
Fazit: Im Schokoladen werden die nur dieses eine Mal spielen. Wenn die Werbung nicht total daneben läuft, ziehen sie beim nächsten Mal doppelt oder viermal soviele Leute.
Cardboard aus Berlin fing davor so verhalten an, dass ich sofort an den Beginn einer bekifften Proberaum-Jam denken musste. Das Ganze nahm dann aber recht schnell Fahrt auf und als die Sängerin anfing, bekam es einen Teenage Jesus Touch, da auch die Gitarre eher schrill dissonant störte. Im Lauf der restlichen Show gingen sie dann aber doch recht quer durch die Genres, blieben aber immer noch nah genug an sich selbst, um nicht ins Allerlei zu verfallen. OK, junge Band, noch bisschen ungestüm und modisch sieht man halt schon, dass es Kids sind, aber … herrgott, genau die brauchen wir. Sie halten die Fahne hoch!!!

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