Garageville #6, 21.04.2017 – Day 1 mit Bobkat 65, The Pacifics, The Jackets, The Sick Rose – Hamburg, Molotow (ca. 300 Zuschauer)
Los ging es beim diesjährigen offenen Tag der Garage mit Bobkat65, zwei jungen Mädchen und einem Herren aus Spanien, mit noch völlig unverbrauchtem Teen-Beat, noch etwas ungelenk in der Hüfte und auf den Saiten, aber genau dieser charmante Dilettantismus (oh wie wohl mag man mir diese Phrase langsam verzeihen … zumindest werde ich Euch nicht mit dem Unwort des Jahrzehnts “authentisch” behelligen) lässt Bobkat 65, sehr wohl nach einigen Diskussionen, für uns am Ende sogar den zweiten Rang des Abends einnehmen, noch vor den Veteranen Sick Rose und der folgenden irischen Kombo The Pacifics, die ihren besten Moment haben, als sie während der Jackets-Show in Reih und Glied neben der Bühne stehen, durch die uniformen Anzüge leicht erkenntlich, und von Jackie abgeknallt werden, mit einem Schuss, wie durch die Daltons, und dies wunderbar mitspielen. Ihren Auftritt fand ich schwungvoll, gut gelaunt, aber mehr blieb mir nicht davon übrig.
Was man von den Jackets nicht behaupten kann. Sie gehören zu den beliebtesten Genre-Acts derzeit in Europa. Ihre Songs sind einfach und einprägsam, das Spiel und die Show sind aus einem Guss und das theatralische Element sorgt für Entertainment galore.
Die Jackets sind eine Band, die gerade wirklich brennt und das kann man von The Sick Rose leider nicht mehr behaupten. Sie stellten diesmal ihre erste Platte vor, mit der sie in den 80ern zur Garage-Elite Europas vorstiessen. Leider konnte ich der Idee, komplette Platten runterzuspielen nie etwas abgewinnen und finde sie mittlerweile sogar richtig abgefrühstückt, fast so schlimm wie der Unplugged-Irrsinn, der uns ja glücklicherweise wieder verlassen hat. Ich finde es nie eine gute Idee, alten Kaffee wieder aufzuwärmen. Wenn man etwas noch nie gesehen hat, mag man ein paar Leute auf seine Seite kriegen, sozusagen “Jetzt hab ich Euch gesehen, jetzt kann ich sterben”, aber the Sick Rose sind keine Band, die man in den letzten Jahr nicht sehen konnte.
Nun gut, aber die Meinungen gehen ja glücklicherweise auseinander und so habe ich genügend Leute gehört, die das ganz toll fanden, was die alten Männer da gemacht haben.
22.04.2017 – Day 2 mit Thee Penny Dreadfuls, Os Noctàmbulos, The Missing Souls und The Masonics – Hamburg, Hafenklang (ca. 400 Zuschauer)
Thee Penny Dreadfuls aus Nordirland eröffneten den zweiten Tag. Ich weiss nicht, ob sie noch leben, denn man findet nichts über sie im Netz, dabei war doch eher die Frage, ob sie zum Garageville ihre erste Platte dabei haben. Wieauchimmer brachten sie schmutzigen Garagen-Rock, der eher die spätere Mitte der 60er im Auge hat, dennoch aber mit viel unheilvollem Georgle eine psychedelische Note einbringt und mit rauh-angepisster Stimme zu punkten weiss. Etwas viel Gedudel, wie das eben in den späten 60ern so Mode war, sonst eine Band, von der man gerne mal wieder was hören würde.
Os Noctàmbulos aus Frankreich waren mit ihrem düsterem Voodoo-Surf eher etwas schwerfälliger und daher nicht so meine Kajüte. Da die Kids aber wie immer am ersten Abend Vollgas geben und daher am zweiten schwer in den Seilen hängen, gab uns das Gelegenheit zu einer wohlverdienten Pause … die wir dann gleich auch über die
Missing Souls auszudehnen wussten, da sie, wie schon bei ihrem Auftritt früher im Jahr in Berlin, obwohl musikalisch überzeugend, eine eher gequält exaltierte Präsenz haben und daher eher Fragezeichen als Begeisterung hervorriefen. Vielleicht nervt mich ja auch nur, dass sie ausschliesslich Coverversionen spielen. Das ist halt nur ne Partyband, Mann, auch wenn es dann immer heisst, dass dies IHRE EIGENEN Interpretationen sind. Für mich fängt die Kunst aber nachwievor da an, wo man nicht nur interpretiert sondern kreiert. Das ist der deutlich anspruchsvollerere und schwerere Weg.
Alle Energien also gebündelt für die grossartigen
Masonics, doch ob es an unserer angeschossenen Konstitution oder dem Auftritt der Adelsgarde des britischen Garage-Punks lag (die allesamt mitten aus dem Herzen der Childish-Gemeinde stammen und eine bessere Platte nach der anderen auf uns loslassen), irgendwie zündete das nicht. War es der Mond, war es der Alkohol oder ist es irgendwas im Karma des Hafenklangs … der zweite Tag des Garagevilles kam mir auch diesesmal vor wie eine atmosphärische Heimsuchung. Vielleicht war das Hafenklang ja auch mal ein Folterkeller…