Garageville Weekend #10 – Sa. 22.04.2023 – Hamburg, Hafenklang (sold out)
Die No-Counts aus Berlin haben wir ja schon unzählige Male gesehen in ihrer 50+jährigen Karriere und ja, man sieht es ihnen nicht an. Lange hat man es ihnen auch nicht angehört – das ist ja, was ich niemals aufgehört hätte, ihnen positiverweise anzukreiden – wäre jetzt nicht der Sprung gekommen. Lag es nur am kristallklaren Sound im Hafenklang (ok, wir haben uns natürlich schon darüber gestritten, ob der Sound rechts der beiden Pfosten zu deutlicherem Brummen des Basses führt) oder haben die No-Counts tatsächlich einen Weg eingeschlagen, der sie in eine neue Liga teleportiert. Mir kommen sie feiner vor, etwas ruhiger, mehr Melodie im Gesang, was tatsächlich Fähigkeiten aus ihnen rausholt, die vorher nicht gebraucht wurden. Die Arrangements und das Songwriting sind wohltuend spannender geworden, die Ungehobeltheit noch da, aber einer neuen Sensibilität gewichen. Mir fällt ganz spontan nur der Song ein, der ohne Bassdrum losgeht und bis man erst mal gerausgefunden hat, was gerade fehlt, setzt er ein und du denkst einfach nur: Wow! Ein tolles, selten verwendetes Stilmittel.
Bin ich das der da spricht? Und finde ich das gut? Natürlich, denn die No-Counts haben nichts verloren aber eine Menge gewonnen. Nicht, dass sie auch vorher sehr reduziert waren, jetzt wirkt es aber stimmiger. Sehr gut. Das hat mir sehr gut gefallen. Leider sieht man sie zu wenig außerhalb Berlins und auch jetzt erst auf dem Garageville, was wohl daran liegt, dass … ähm, nein, keine Gerüchte streuen, keine Gerüchte streuen! Wir sind hier nicht bei der Bild-Zeitung.
Mimi & the Miseries, die folgende Band aus UK bringen unbeschwerten, leichtgängigen PowerPop mit 60s-Orgel. Nett aber nicht so ganz meins. Ehrlich gesagt, finde ich es aber gut, wenn man sich auch mal nen Teil einer Band schenken kann und es spricht auch für das variable Programm des Garagevilles.
Dann die Wyld Gooms (Foto) aus Los Angeles, auf die offensichtlich alle gewartet haben, denn plötzlich ist wirklich der letzte Zentimeter zugestellt und man konnte nicht mehr vor und zurück. Dabei haben sie eigentlich kaum Vorschusslorbeeren, da sie gerade mal ne 7″ am Start haben und die vorigen Bands eher nicht so oft in Europa waren. Die aktuelle Tour, nach einer kurzen Visitie in Spanien letztes Jahr, brachte sie aber in aller Munde und scheint ein sauberer Blitzrkieg zu sein, da wir hier natürlich auch immer froh über Nachwuchs sind.
Sie sind jung, sie sehen toll aus mit ihren Sonnenbrillen und ja, sie bringen sauberern 60s-Punk, der nah an die Idealvorstellung dessen herankommt, was der Garage-Aficionado als Blaupause vor der Brille hat. Also lupenrein klassisch, trotzdem mit viel Dampf dahinter, mit schön rauen Stimmchen, dafür aber bar jeder Überraschung, was denn bei der Coverauswahl auch schon ein leichtes Gähnen provoziert.
Letztlich haben sie dieses Garageville wunderbar abgerundet. Alles in allem ein sehr gutes Line-Up und am zweiten Abend ging denn auch die Temperatur nen Strich hoch.