Fauna, Erich Zann Ensemble – Berlin, Schokoladen (ca. 100 Zuschauer)
Auf Empfehlung meiner Kumpanen (“das wird dir auf alle Fälle gefallen”) fand ich mich hier plötzlich inmitten einer Veranstaltung wieder, die sich angesichts mangelnder Erklärungsmöglichkeiten wie eine Goa-Party anfühlte, also so, wie ich mir eine Goa-Party vorstellen wurde, weil ich selbstverständlich noch nie auf einer war.
Die anderen waren total begeistert und haben offensichtlich allen Ernstes angenommen, dass mir “guter handgemachter Techno”, wie das im Nachhinein gelobt wurde, gefallen würde. Wie man auf so eine Idee kommen kann, ist mir völlig rätselhaft und tatsächlich war das Einsetzen des Techno-Beats der Moment, der in mir einen Fluchtreflex auslöste, dem ich sofort nachgab.
Fauna aus Göteborg, die sich mit 8 Leuten auf die kleine Schokoladen-Bühne quetschten (drei davon Trommler) waren mit “Psychedelic Rock, Trance” angekündigt, machten aber definitiv schon mal keinen Rock, außer es wird seit neustem so genannt, wenn zwei Gitarristen ein wenig Pling Pling zupfen. Von denen hätte ich schon mal einen oder sogar beide zuhause gelassen, sowie mindestens einen, wenn nicht gar zwei der Trommler, so dass die sich dann nur noch mit 4 oder 5 Leuten von Schweden nach Deutschland gequält und überall weniger Platz, Betten und Teller gebraucht hätten.
“Psychedelic” stelle ich mir auch etwas anders vor, außer man denkt an einen Blick auf den unverstellten Sternenhimmel und nicht, wie ich, an das Swinging London der 60er und ähnlich wildes menschliches Treiben, das sich nachts in städtischen Kellern abspielt und nichts mit der Natur im Freien zu tun hat.
Das nämlich muss man Fauna lassen. Sie machten ihrem Namen alle Ehre und klangen ganz wie ein Wald an einem schönen Nachmittag, wenn alle Tiere und Pflanzen für einen Moment glücklich sind, bevor sie wieder anfangen, sich gegenseitig aufzufressen.
Die Sängerin, die nicht sang, sondern nur Zisch- und manchmal Zirp- oder leichte Jammergeräusche von sich gab, die dann mit diversen technischen Geräten gedehnt und verfremdet wurden, trug primär zu diesem Klangempfinden bei. Dazu eine sehr tiefe Querflöte, ebenfalls sehr am Naturgezwitschere orientiert. Der Rest war eigentlich nur noch Rhythmus, auch die Gitarren, die sich mit dem Bass entlang einfacherer, sich wiederholender Drei-viertonmelodien hangelten, die nur gelegentlich und mit viel gutem Willen einen Anflug von Gefallen bei mir erzeugen konnten.
Das war aber, wie gesagt, alles so noch irgendwie ok, doch als nach etwa 5-6 Minuten der total dominierende Techno-Beat einsetzte und alles jubelnd die Arme nach oben warf, etwas das sich dann in völlig unverändertem Tempo in jedem der folgenden Songs analog (auch die Reaktion des Publikums) wiederholte, war mir klar, dass ich hier im falschen Film war. Das war definitiv eine andere Fauna. Ev. ist das also, was sich “Trance” nennt.
Da war das Erich Zann Ensemble aus Mainz davor deutlich interessanter, da ich mit deren Mastermind vielleicht sogar ein paar Gemeinsamkeiten würde entdecken können, nicht nur die ähnliche Anzahl an Lenzen. Deren elektronische Basis aufgrund verschiedener Maschinen, die sie miteinander spielen liessen, war durchaus nicht ganz abwegig weit weg von dem, was mir an elektronischer Musik gefallen könnte. Der gute Mann startete die Sequenzen und spielte auch Bass, was dann manchmal fast schon rockig wurde und ihn tatsächlich auch in ungeahnte Wallungen versetzte, so dass er sogar den Sound ein wenig verhunzte, weil er zu enthusiastisch reinzupfte, so dass sich der Klang etwas überschlug. Das war schon ganz krautig, vielleicht am ehesten Can, aber fast schon ganz frühe Can, wo so’n bisschen Velvet Underground drinne war.
Dazu ein echtes Drum, das faszinierend genau zu dem Elektro-Gesplucker spielte. Da waren dann schon wieder Neu-Ansätze zu vernehmen, wäre da nicht noch die Klarinette gewegen, die mir dann doch zu jazzig war. Ich hab’s ja nicht so mit dem Jazz. Und die Klarinette war, etwa wie die Querflöte danach, quasi permanent beschäftigt. Denen hätte ich gerne einen Teilzeitvertrag empfohlen. Das hätte ich als effektiver und weniger penetrant empfunden.
Gesungen wurde aber auch bei Erich Zann nicht. Das soll zwar nicht heissen, dass ich der Instrumentalmusik abgeneigt bin, dem heutigen Abend hätte es aber etwas Bereicherung gegeben. So war denn auch Erich Zann auf die Dauer nicht mehr so spannend.
Ich kann ja auch bis heute nicht verstehen, was den Leuten an Can gefallen hat. Gibt so’n paar Dinge in der Populärmusik, die gefällt irgendwie allen, mir aber nicht. Eins davon ist Can. Acho so … hab ich schon mal erzählt?!? Isjagut. Vielleicht erzähle ich das sooft, weil ich irgendwann hoffe, doch noch jemanden zu finden, der das auch so sieht, damit ich nicht der einzige Nicht-Can-Fan auf der Welt bin.