Uni Boys, Kong Fuss & The Romantic Earthquake Band – Berlin, Wild At Heart (ca. 100 Zuschauer)
Wow! WOOOOOOOW! Wow, verdammt! Höre ich mich etwa nicht immer sagen, es gibt keine guten neuen Bands? Immer … stimmt, wie immer, auch in diesem Fall NICHT.
Ich weiß nicht mehr, wie ich auf die Uni Boys aufmerksam wurde, aber es ist vielleicht ein halbes Jahr her und ich fand sie interessant, hab sie aber wieder vergessen und über den eher wenig einprägsamen Bandnamen hätte ich wohl sogar das Konzert übersehen, wenn ich sie nicht auf dem Bandfoto des Plakats wiedererkannt hätte. Und darüber standen sie in Konkurrenz zu den Cosmic Psychos, von denen ich mich, ehrlich gesagt, nicht mehr erinnern kann, ob ich sie schon mal gesehen habe oder nicht. Meine Entscheidung fiel trotzdem innerhalb einer Sekunde. Und ich habe es nicht bereut.
Die wahre Qualität der Uni Boys ist nicht unbedingt im allerersten Moment erfassbar, wenn man bspw. eins der Videos ansieht oder gar eins der Handyvideos, die Leute von Live-Konzerten gemacht haben. Daher mal wieder ein Aufruf an die wohlgesonnene Gemeinde, sich weiterhin nicht aufgrund schlechter Handyvideos vom Besuch von Livekonzerten abhalten zu lassen. Wenn sie nämlich in echt auf der Bühne sind, ist SOFORT zu sehen und zu hören, dass hier eine Band steht, die den Unterschied macht. Auch mein Begleiter Simon, der noch nicht mal die Zeit hatte, überhaupt zu checken, welche Band er heute Abend mit mir sehen wird, meinte schon nach ein paar Songs, dass dies die beste Band sei, die er bisher mit mir in diesem Umfeld gesehen hat, in dem ich mich immer bewege (Untergrund, you know, chrchr).
Aber zurück: Ich weiss nur noch so ungefähr, wann ich zum erstemal die New York Dolls hörte. War jedenfalls noch in den späten 70ern, als ich mich bei den sonntäglichen Besuchen meiner Eltern bei unseren Verwandeten alleine im Zimmer deren Tochter durch die Plattensammlung wühlen durfte. Ich hatte damals noch gar nicht das Geld, mir selber Platten zu kaufen und daher war das natürlich ein Segen. Die New York Dolls, mit ihrer schmutzigen und anrüchigen Art und Weise, mit Rock’n’Roll umzugehen, ist seither für mich eine Basis, von der alles Gute ausgeht. Auch die Uni Boys.
Die Uni Boys sind ein Quartett mit zwei Gitarren aus Los Angelos, alle Anfang 20 und touren gerade mit ihrer zweiten LP. Sie spielen eine Art klassisch anmutenden Power Pop mit Roots aus dem weiten Feld des Rock’n’Roll aber deutlichem Punk im Herzen und einem sehr wichtigen Glam-Touch, der ihnen auch das gute Aussehen verleiht.
Die Boys sind wirklich uni. Ich glaube, ich hab selten, vielleicht sogar noch nie eine Band gesehen, die so aus einem Wurf zu stammen scheint. Es ist ja nicht so oft, dass sich ein paar finden, deren gemeinsames Ding das Wort “total” auf ein neues Level bringt. Du kannst dir einfach nicht vorstellen , was wäre, wenn auch nur ein Teil davon wegbricht.
Ich komm mir schon richtig blöd vor, wenn ich gar nicht weiss, wo ich zu loben anfangen soll, aber von der Lockerheit auf der Bühne (und hier könnte man jetzt einen getrennten Aufsatz schreiben, der ihre Attitüde zwischen Punk, Glam, Rockstar, Humor und Selbstironie herausarbeitet) UND an ihren Instrumenten. Denn, die oben kurz angeklungene Scheinbarkeit klassisch einfacher Gitarrenriffs lässt einem bei genauem Hinhören in Wirklichkeit fast den Kiefer auf den Boden fallen, so komplex sind die Strukturen ihrer Songs. Und nicht nur, dass dies den Unterschied in der Langlebigkeit solcher Kompositionen ausmacht, nicht nur, dass dies erstmal gar nicht so zu bemerken ist, da die Songs auch immer sehr gefällig losriffen, nein, sowas muss man auch erstmal spielen können – und die Typen schütteln das so easy aus dem Ärmel und beweisen eine an Frechheit grenzend stabile Eingespieltheit, die ihnen dann auch diese Lockerheit überhaupt erst ermöglicht. D.h. wir haben hier auch ein paar außerordentlich begabte Musiker und wenn man wirklich dabei noch jemanden besonders herausheben möchte, dann würde ich mich, ohne zu zögern, für den Drummer entscheiden. Ehrlich gesagt, fehlen mir sogar fast die Worte, dies angemessen zu beschreiben. Power, Genauigkeit und Variabilität sind so extrem, dass er sogar wesentlich tiefer ins Songwriting eingreift, als ich mir das bei anderen Schlagzeugern vorstellen kann.
Vielleicht sollte ich noch anmerken, dass mir die Uni Boys persönlich eigentlich viel zu gefällig sind, also erstmal gar nicht SOOO mein Ding. Noch höher ist daher zu bewerten, wie sehr sie mir gefallen haben, das heißt, auch die Kompositionen haben, obwohl sie stilistisch 100% zusammenhängend sind, sehr viel Unterschiedlichkeit und dazu extrem tolle Melodien. Ist ja schließlich Pop-Musik. Dass sie super singen können, habe ich darüber hinaus noch gar nicht erwähnt. Die Mehrstimmigkeit kommt so locker und alles stimmt einfach. Ich bin wirklich platt. Damit hatte ich nicht wirklich gerechnet. Eigentlich müssten die berühmt werden. Aber ihre Musik ist wohl aktuell nicht der Trend. Und den Trend zu setzen, dazu sind sie dann vielleicht doch noch nicht besonders genug, vielleicht wollen sie es auch nicht. Mal sehen. Mir ist es auch recht, wenn sie so bleiben und einfach alle Jahre mal rüber kommen. Jetzt muss ich mir jetzt erstmal die Platten besorgen.
Nicht zu vergessen, haben davor noch Kong Fuss & The Romantic Earthquake Band gespielt, wegen denen ich vor ca. 2 Jahren in Leipzig aufs Gieszer Fest gehen wollte, doch da weder Tag noch Zeit klar waren, wann sie spielen, bin ich einfach irgendwann abends hin und kam dann wegen Überfüllung nicht mehr rein. Sie sind aus Berlin und spielen aufgepunkten Power Rock, sehr schmissig und riffig, mit einer Gitarre, Orgel und einem Mann der einzig die Mundharmonika bedient. Sie sind nicht mehr die jüngsten, haben aber eine ganz gute Energie und der Kong ist wirklich ne unterhaltsame Nummer, auch wenn er manchmal etwas zu verkrampft auf die Finger guckt … was einem dann ja aber wieder das Herz öffnet, da sie eben jetzt nicht die Oberkönner sind. Trotzdem rockt es sauber durch. Manchmal hätte ich mir mehr Abwechslung im Tempo gewünscht. Ich sag das ja immer wieder, wie leicht es ist, über verschiedene Tempi etwas Variation reinzubringen, und da reicht oft eine kleine Verschiebung, um viel zu bewirken. Leider war auch der Sound eher breiig. Oft liegt es ja leider mehr an der Band als am Mixer. Ich will da jetzt aber nicht zu sehr ins Detail gehen, da es ja auch nur spekuliert ist. Schließlich war ich beim Soundcheck nicht dabei und habe Kong Fuss auch sonst noch nicht live gesehen. Ich finde aber, dass sie mit ihrer Musik und ihrem Aussehen, durchaus eine Bereicherung der Berliner Szene sind und würde mich freuen, sie öfter mal wo zu sehen.